anglikanische Kirche unter Heinrich VIII.

anglikanische Kirche unter Heinrich VIII.
anglikanische Kirche unter Heinrich VIII.
 
Die Entstehung einer eigenen, reformierten Kirche Englands setzte zwar auch, wie in Deutschland, eine verbreitete antiklerikale Grundströmung voraus, die einzelnen Schritte zu ihrer Herausbildung waren jedoch geprägt durch Entscheidungen des Königs und seines Sekretärs Thomas Cromwell. Heinrich VIII. (1491-1547, König seit 1509) stellte von seiner Erscheinung wie von seiner geistigen Kapazität her das Urbild eines Renaissancefürsten dar.
 
Die englische Reformation nahm ihren Anfang aus dynastisch-persönlichen Motiven des Herrschers. Noch 1521 hatte Heinrich eine antilutherische Flugschrift verfasst, was ihm vonseiten des Papstes den Titel » Verteidiger des Glaubens« eingebracht hatte. Ab 1525 strebte der König aber, als ihm seine Frau Katharina keinen männlichen Nachkommen gebar, und wohl auch wegen seiner leidenschaftlichen Zuneigung zu Anna Boleyn, die päpstliche Nichtigkeitserklärung seiner ersten Ehe an. Da der Papst jedoch, auch aus Rücksicht auf Kaiser Karl V., den Neffen Katharinas, unnachgiebig blieb, entzog Heinrich dem Papst die Rechtsbefugnisse über die innerenglischen kirchlichen Angelegenheiten.
 
Mit Unterstützung des Parlaments unterwarf der König in den Jahren 1532 bis 1534 die englische Kirche seiner Suprematie (Act of Supremacy); Appellationen und die Zahlung von Annaten an den Papst wurden verboten. Der König festigte seine Stellung, indem er einen Eid der Untertanen auf die neue Ehe und auf die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Thronfolge verlangte. Erste reformatorische Akte waren die Aufhebung der Klöster, wodurch sich die Staatseinnahmen erheblich steigerten und der Mittelstand in England gefördert wurde. Noch wurden sowohl romtreue Katholiken als auch lutherische Häretiker verfolgt.
 
Die englische Kirche war unter Heinrich VIII. zur Staatskirche geworden. Erst nach seinem Tode 1547 setzte unter der Vormundschaftsregierung für den minderjährigen Eduard VI. eine Periode innerkirchlicher Reformen im Sinne des Protestantismus ein. Unter der Herrschaft Marias I. kam es wegen deren spanischer Abstammung und ihres katholischen Glaubens zu einer gegenreformatorischen Phase. Sie heiratete Philipp II. von Spanien. Die blutige Verfolgung der Protestanten durch die katholische Maria hat in England weit reichende Nachwirkungen gehabt und verstärkte die Abneigung gegen die romtreuen Katholiken.
 
Elisabeth I., die Tochter Heinrichs VIII. aus der Ehe mit Anna Boleyn, beendete 1558 die gegenreformatorische Phase und stellte die reformierte Staatskirche wieder her. Die Reformation in England hat wesentlich zur Stärkung des Parlaments beigetragen, wenngleich sie als Werk des Monarchen erscheint.

Universal-Lexikon. 2012.

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